Die Hämochromatose (Syn. primäre Siderose, Siderophilie) (haima=Blut, Chromatos=Farbe), eine Speicherkrankheit, umfasst bis auf eine Ausnahme eine Gruppe autosomal-rezessiver Erbkrankheiten, von der Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Bei der Erkrankung kommt es zu einer erhöhten Aufnahme von Eisen im Darm. Das Gesamtkörpereisen steigt dadurch von ca. 4-5 g (Normwert) auf bis zu 80 g. Diese Überladung führt im Laufe der Jahre zu Organschädigungen, insbesondere Leber, Bauchspeicheldrüse, Herz und Haut.
In Folge einer übermässigen Einlagerung von Eisen in verschiedene Organe kommt es zu:
Der absolute Gehalt an Körpereisen beträgt beim gesunden Erwachsenen ca. 3-5 g. Um die Eisenhomöostase aufrecht zu erhalten scheidet der Mensch täglich ca 1 mg aus und nimmt auch 1 mg über die Nahrung wieder auf. Bei der Hämochromatose ist dieser Aufnahmeblock gestört, als Folge kommt es zur übermässigen Eisenaufnahme und -Speicherung in Leber (Hepatomegalie, Zirrhose, erhöhtes Risiko für Leberzell-Karzinome), Herz, Pankreas (Diabetes Mellitus), Hypophyse, Nebenniere, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Haut (Bronzefärbung) sowie Gelenken (schmerzhafte Erkrankungen).
Ein Mechanismus ist der Defekt des HFE-Gens. Das HFE-Genprodukt ist assoziiert mit dem Transferrin-Rezeptor (TfR). Abhängig von der Blutkonzentration nehmen HFE und TfR den Fe-Transferrin-Komplex aus dem Blut auf. Diese Aufnahme erfolgt über Rezeptor-vermittelte Endozytose in ein Endosom. Ist diese Aufnahme dysreguliert,wird immer weiter Eisen aufgenommen, auch wenn die jeweilige Zelle eigentlich schon genug Eisen gelagert hat. Besonders deutlich wird dies in der Leber, der im normal regulierten Eisenstoffwechsel auch eine gewisse Speicherfunktion zukommt, was die unregulierte Aufnahme erleichtert.
Durch die erhöhte Aufnahme ist das Transferrinlevel im Blut ungewöhnlich niedrig. Dies wird im Darmepithel durch erhöhte Eisenabgabe in das Blut über IREG1 bzw. Ferroportin ausgeglichen. Die Regulation dieser Eisenabgabe in den Kreislauf wird vermutlich systemisch durch das Peptid Hepcidin reguliert. Das Hepcidin wird in der Leber gebildet, und vermutlich wirken sowohl Hämojuvelin, Transferrinrezeptor 2 als auch HFE auf die Synthese dieses Peptids in der Leber ein. Der genaue Mechanismus ist ungeklärt.
Derzeit sind fünf verschiedene Gene bekannt, deren Defekte alle zu einer hereditären Hämochromatose führen können:
Allein der Nachweis der sogenannten Hämochromatose-Gene ist noch kein ausreichender Hinweis auf eine manifeste Hämochromatose. Bei dieser Erkrankung sind die Ferritin, Serum-Eisenspiegel und Transferrinsättigung regelmässig deutlich erhöht. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Konzentration an Gesamt-Transferrin gegenregulatorisch absinkt. Um die Serumdiagnose zu stützen wird ein Leberpunktat entnommen. Mit der Berliner-Blau-Färbung lässt sich das Eisen im Zytoplasma der periportalen Hepatozyten gut sichtbar machen. Zusätzlich kann, falls der Verdacht einer hereditären Hämochromatose besteht, mittels gentechnischer Untersuchungen festgestellt werden, ob und wenn ja in welchem Gen der im Vorigen aufgeführten Gene ein krankheitsauslösender Defekt vorliegt.
Therapeutisch werden üblicherweise bei der Hämochromatose regelmässig grössere Mengen Blut entnommen (Aderlass), um die gefüllten Eisenspeicher zu entleeren. Auch die Gabe von Deferoxamin (Desferal®) dient diesem Zweck, ist aber nicht so wirksam.
In Deutschland wurde zwischen 2001-2004 von der Medizinischen Hochschule Hannover in Zusammenarbeit mit der Kaufmännischen Krankenkasse KKH in einem Modellversuch die Akzeptanz einer freiwilligen Screening-Analyse getestet. Da bei der Hämochromatose mit der Aderlasstherapie eine effektive Behandlung zur Verfügung steht, ermöglicht die Entdeckung noch symptomloser Genträger eine rechtzeitige Behandlung Betroffener, bevor Organschäden auftreten.
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Letzte Aktualisierung: 20.3.2008Kommentar «Hämochromatose» |